Donnerstag, 3. August 2023

anbetung

sein gedenktag ist der 20. jänner.
auch die orthodoxen und protestantischen gedanktage sind im winter.
kaplan sebastian sagt aber, heute sei der
gedenktag des heiligen sabastian.
darum seien heute hunderte gläubige zur eucharistischen anbetung in der kirche.
aber heute ist donnerstag!
er sagte: jeden donnerstag.
ich war aufmerksam geworden, weil schon von der geschäftigen straße aus laut musik und gesang aus der basilika zu hören waren.
als ich mich schließlich herangearbeitet hatte und vom seiteneingang, nach ablegen der sandalen, einen blick werfen konnte auf den dicht gefüllten kirchenraum, da sah ich nur einen bärtigen, jungen priester stehen hinter dem aufgestellten allerheiligsten. und vor ihm ein mikrophon. draußen standen noch bänke seitli h neben der kirche unter einem dach. die dort saßen, ertrugen wohl die lautstärke nicht, die drinnen herrschte.
ein wechselgesang, der sich bis ins ekstatische steigerte, mit hoch erhobenen armen triebenhunderte gläubige einem höhepunkt entgegen, und dann bremste er sie wieder. beruhigte sie. hieß sie niedersetzen. und sie taten es, fanden zurück, erkannten sich wieder.
jeden donnerstag, sagte kaplan sebastian und stellte mich dem pfarrer vor.
vier priester seien sie hier. es ist nicht die einzige kirche im dorf, auf den sieben kilometern habe ich drei kirchen gesehen.
allerdings leer.
der kaplan eilte zur speisensegnung.
wir kletterten die stufen zu einer halle hinauf, drüben wieder hinunter in einen hof, wo große töpfe an einer wand aufgestellt waren mit reis, kleinere mit scharfen bohnen. er hielt ein längeres segensgebet und besprengte schließlich jeden topf und dann die köche. vierzig leute kochen hier abwechselnd, erklärt er mir.
ich bekomme eine schale und einen pastikstuhl.
viele sitzen am boden oder auf den stufen.
als ich nun nochmals in die kirche hinübergehe, ist sie keineswegs leer.
nun ist gelegenheit für das persönliche gebet.
gläubige drängen sich um eine der heiligenfiguren, oder sie sitzen versunken am boden.
aber es ist leiser geworden.
übrigens ist die kirche dem apostel andreas geweiht

R

Montag, 31. Juli 2023

wild

eine schlange.
wie ein stock, der, silbrig flimmernd, eilig über die am sonntag recht leere straße strebte.
diese schlange sollte das einzige wildtier bleiben, das sich sehen ließ.
die hunde, die überall gemächlich zwischen den fahrenden autos trotten oder am straßenrand wie tot auf der seite liegen, zähle ich nicht zu den wildtieren, ebensowenig wie die vögel, die gänzlich respektlos unter den vordächern knapp über unseren köpfen auf ein unbekanntes ziel zujagen, einfach, weil ich sie nicht kenne.
die streifenhörnchen können auch schwerlich als wild bezeichnet werden, eher als keck, als mich in der rezeption des spice village, als ich wie ein staatsgast begrüßt wurde, die zeremonie gänzlich missachtend, eines in munteren trippelschritten umkreiste, sodass die in grüne saris und schals gekleideten empfangsdamen irritiert waren.
die perlhühner wiederum wird niemand als wild bezeichnen, wenn sie in unverständlicher plötzlicher eile in einer reihe über das gelände des spice village trippeln, weitgehend lautlos, nur dann, wenn eines der acht den anschluss verloren hat, kläglich fiepend an der wegkreuzung.
also nur ein wildtier.
es gab nämlich eine safari.
es hätte vielleicht elefanten geben können oder gazellen oder, wer weiss, vielleicht einen tiger.österreichische medien erzählen gerade aufgeregt, dass sich die indische population vergrößert hat. ich dachte an den gummitiger, der lebensecht im wald von trettnig hoch oben am hang geduckt steht und mit pfeil und bogen zu treffen ist und von mir auch getroffen wird.
nicht hier.
hier trafen wir nur eine schlange.
als wir mit dem jeep - sonst darf man es nicht safari nennen - über die ersten rumpeligen kurven knatterten und von weiteren jeps, vollgestopft mit abenteuerlustigen jungen leuten, überholt wurden, zweifelte ich bereits stark an der sache. als wir uns mit motorengeheul zentimeterweise über riesige steine in der fahrspur hinauf- und hinunterquälten, wäre ich lieber gelaufen - und hätte bestimmt kaum die halbe zeit gebraucht.
doch schließlich standen wir am aussichtsplatz, etwas abseits von den anderen zehn jeeps, immerhin drang noch kichern und musik herüber.
der fahrer musterte mit kennerblick bestimmte zonen auf dem halb wald-, halb grasbedeckten schroffen berg gegenüber und deutete bald aufgeregt auf einen punkt.
büffel, rief er, büffel!
im fernglas sah ich nichts, ohne fernglas sah ich nichts.
sie strebten auf die kuppe zu, sagte er und erklärte mir die stelle.
in der folgenden stunde blickte ich immer wieder hin zu genau dieser stelle und suchte wieder und wieder diesen berg und alle anderen berge hinter dem schutzzaun ab, ohne ein wildtier zu entdecken, selbst die vögel, in mit kühnen flugmanövern in viererformation, blieben fern genug, um nicht erkenbar zu sein. außer den kichernden und aufgeregten fahrgästen der anderen jeeps war nichts zu sehen und zu hören, abgesehen von dem müll, der entlang unserer beobachtungsroute im hohen gras lag.
ich erzählte dem fahrer von anderen wildtierbeobachtungen und auf welchem weg ich auf diesen berg hinauflaufen würde, hinter dem angeblich die büffel verschwunden waren und noch andere große und kleinere wildtiere die indischen wildtierreservate durchstreiften, aber er nannte es verboten.
so eierten wir schließlich über glattgefahrene steinübersäte safaripisten vom aussichtsberg herunter in ein dorf zu einem wasserfall, wo weitere jeeps zu sehen waren wie auch einige jugendliche, die am staubigen platz fußball spielten und mit denen ich bald im gespräch war, als der fahrer einen tee trank.
auf der rückfahrt besichtigten wir noch eine am sonntag menschenleere teeplantage, und der fahrer zeigte und erklärte mir, wie und wie oft die teesträucher geschnitten würden.

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Sonntag, 30. Juli 2023

sonntag

die christlichen heiligenbilder ähneln oft sehr den indischen götterbildern, der blick nach innen, das leere, milde lächeln, die freundliche, unverbindliche gesamtwirkung. und die grellbunten farben. das ist bei orthodoxen und katholischen kirchen gleich. ebenso gleich sind die weithin sichtbaren namen des heiligtums in großer schrift beim eingang.
(man muss dazu sagen, dass es hier nicht einmal ortsschilder gibt!)
in dem ansonsten völlig überladenen museum in kochi, wo vor hunderten und tausenden zusammengepferchten holz- und steinfiguren gar keine sichtbar ist, habe ich dennoch eines gesehen und erkannt: die farbigen mauerbilder oben an der wand zeigen eine ballettsprache, einzelne körperhaltungen, gesten, grimassen, welche auch im tempeltanz zu sehen waren, wo neben dem hindutempel vor hunderten aufmerksamen gläubigen ein eingespielter gesungener versepos im tanz kunstvoll dargestellt wurde. sogar die tänzerinnen ähnelten den bildnissen bis zum gesichtsausdruck.
soll man sagen: vergegenwärtigung des heiligen?
soll man sagen: verlebendigung des wortes?
erinnerung an ergangenes?
in beiden religionen, mit ganz ähnlichen mitteln.
es sind dieselben menschen.
sie wohnen in der gleichen gasse.
essen dieselben speisen.
haben samstag (die juden) und sonntag "holy day"
mein sonntag begann in der orthodoxen kirche.
dicht zusammenstehende männer (links) und frauen (rechts).
wenig platz und spielraum für den zelebrierenden priester.
aber ein bis ins kleinste durchkomponiertes ritual, bis zu den gängen und verbeugungen der ministranten, dem schwenken der weihrauchkesseln und dem rasseln der liturgischen glöckchen. und besonders der gesang. durchgehend, vom priester und vom kantor, ohne innehalten, einmal hin zum heiligtum, einmal zur gemeinde, auch mitsingen der gemeinde bei bestimmten teilen, oftmals bekreuzigungen als stumme mitteilung und übrreinstimmung, als sammlung der gemeinde.
auch der bärtige priester ähnelt den heiligenbildern.
ist es ein gleichbleiben?
ein gleichwerden?
mein sonntag ging mit indischer musik zu ende, von der man sich wünscht, sie ginge niemals zu ende, leicht und verspielt wie fahrende wölkchen am himmel, doch immer wieder mit einem pathos, einer bedeutsamkeit, die dich innehalten lässt.
so könnte man leben

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Samstag, 29. Juli 2023

thekkady

der mensch hat sein verhalten verändert durch die zivilisation wie ein tier im zoo.
das dachten wir, als wir den gefangenen elephanten zusahen.
träge und eingefahren.
um wieviel schneller sind sogar die meisten haustiere - wenn ich an den schwarzen kater meiner schwester denke, der mir jedesmal kratzer verpasst und mir dem wort hacker einen neuen sinn gab.
und erst recht die freilebenden vögel und säugetiere.
beobachte einmal die flugbahn eines singvogels durch die baumkrone!
aber es gibt ausnahmen.
im sport hat der mensch eine reaktionsgeschwindigkeit zurückerobert, die sonst verloren ist. wir dachten an fußball mit blitzschnellen ballstafetten, oder auch an schifahren oder autorennen. unglaublich, welche schnelligkeit trainierbar ist!
heute aber habe ich einen kampfsport gesehen.
alte indische tradition.
malayalam.
eine rechteckige manege, umgeben von zuschauertribünen.
an einer schmalseite waffen drapiert, dazu kerzenlichter und wassergefäße.
nun treten die athleten auf in traditioneller kleidung.
sie verneigen sich vor den geräten und voreinander.
dann ballettartige durchgänge, schließlich offene kampfszenen. mit dem säbel auf den schild dreschen. blitzschnell, unter kunstvollen drehungen. mit zwei stöcken wirbeln. stahlbänder um die körper kreisen lassen. und schließlich, als es schon dunkel geworden ist, mit feuerstöcken. das steigerte sich, wie auch die luft immer schlechter wurde, zuerst konnte man die funkensprühenden metallhiebe riechen, nun wurde der rauch immer dichter.
der höhepunkt waren menschensprünge durch brennende reifen, sogar durch mehrere.
es waren ausnahmekönner

chinesische-kampfkunst

Freitag, 28. Juli 2023

malayatoor

ich konnte mir berge gar nicht mehr vorstellen, nach drei tagen im flachland auf rumpeligen, gewundenen straßen durch siedlungen und städte.
aber dann kam ein see, und dahinter ein berg, der von unten nicht zu überblicken war. ein parkplatz, ein paar standeln, und dann gings los.
dort hinauf, sagte der parkplatzwächter, eine stunde hinauf, eine herunter.
es war ein breiter, steiniger weg, gesäumt von riesigen urwaldbäumen.
die erde, die grünbemoosten steine waren feucht, vielleicht hat es am morgen geregnet, vielleicht war es nur die hohe luftfeuchtigkeit.
von zeit zu zeit ein pilgerpärchen, ein schmetterling oder ein weit hallender vogelruf.
dann die makakken.
ich hatte sie kaum bemerkt, lautlos tänzelten sie über äste und laternenpfähle, miteinander beschäftigt oder mit den jungen. zuweilen ertappte ich einen, der am ast kauerte und mich beobachtete, sich aber gleich davonmachte, als er entdeckt war.
immer wieder eine wasserstation zum trinken, immer wieder eine kreuzwegstation und ein opferkerzenaltar.

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mit angeklebtem t-shirt kam ich zur thomas-statue hinauf, mein herr und mein gott, sagt er für mich. dann die kirche, dann noch eine kreuzkapelle, dann noch eine thomas-kapelle im hinduistischen stil.
wir waren nur wenige da oben.
eine familie, beschäftigt mit dem entzünden von opferkerzen, ein wächter, der mir freundlich zuwinkte.
ein paar ausblicke auf die umgebenden wälder.
beim abstieg setzte musik ein.
die lautsprecher waren mir schon aufgefallen.
es waren mit einschmeichelnder indischen frauenstimme gesungene halleluja-lieder mit sentimentaler streicherbegleitung.
der vogelgesang war verstummt,
die makakken verschwunden.
beim parkplatz eine kapelle mit einem übers land schauenden apostel thomas und einem apostel, der der gottesmutter huldigt, beide im buschgelände, bunt lackiert.

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Donnerstag, 27. Juli 2023

palayoor

eine der ersten gemeindegründungen des apostel thomas auf indischem boden ist in palayoor. der apostel kam mit handelsschiffen und besuchte jüdische gemeinden. unter den ersten familien, die er taufte, waren brahmanen. das jüdische erbe ist den thomasgemeinden bis heute anzusehen.

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samipatha hat mich zur kirche geführt, und dann noch in den hindutempel in guruvayoor und schließlich in die älteste moschee auf indischem boden, malayatoor.

Mittwoch, 26. Juli 2023

angekommen

nun, die flugreise war eine herausforderung. stundenlang warten und dann quer durch den flughafen im laufschritt. aber ich bin da, alles hat geklappt. erste begegnung mit kochi heute.
eine besondere atmosphäre: dunkle wolken, dunkle riesige bäume zwischen den häusern, wartende menschen, die zurücklächeln!

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Dienstag, 18. Juli 2023

kochi

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