wild

eine schlange.
wie ein stock, der, silbrig flimmernd, eilig über die am sonntag recht leere straße strebte.
diese schlange sollte das einzige wildtier bleiben, das sich sehen ließ.
die hunde, die überall gemächlich zwischen den fahrenden autos trotten oder am straßenrand wie tot auf der seite liegen, zähle ich nicht zu den wildtieren, ebensowenig wie die vögel, die gänzlich respektlos unter den vordächern knapp über unseren köpfen auf ein unbekanntes ziel zujagen, einfach, weil ich sie nicht kenne.
die streifenhörnchen können auch schwerlich als wild bezeichnet werden, eher als keck, als mich in der rezeption des spice village, als ich wie ein staatsgast begrüßt wurde, die zeremonie gänzlich missachtend, eines in munteren trippelschritten umkreiste, sodass die in grüne saris und schals gekleideten empfangsdamen irritiert waren.
die perlhühner wiederum wird niemand als wild bezeichnen, wenn sie in unverständlicher plötzlicher eile in einer reihe über das gelände des spice village trippeln, weitgehend lautlos, nur dann, wenn eines der acht den anschluss verloren hat, kläglich fiepend an der wegkreuzung.
also nur ein wildtier.
es gab nämlich eine safari.
es hätte vielleicht elefanten geben können oder gazellen oder, wer weiss, vielleicht einen tiger.österreichische medien erzählen gerade aufgeregt, dass sich die indische population vergrößert hat. ich dachte an den gummitiger, der lebensecht im wald von trettnig hoch oben am hang geduckt steht und mit pfeil und bogen zu treffen ist und von mir auch getroffen wird.
nicht hier.
hier trafen wir nur eine schlange.
als wir mit dem jeep - sonst darf man es nicht safari nennen - über die ersten rumpeligen kurven knatterten und von weiteren jeps, vollgestopft mit abenteuerlustigen jungen leuten, überholt wurden, zweifelte ich bereits stark an der sache. als wir uns mit motorengeheul zentimeterweise über riesige steine in der fahrspur hinauf- und hinunterquälten, wäre ich lieber gelaufen - und hätte bestimmt kaum die halbe zeit gebraucht.
doch schließlich standen wir am aussichtsplatz, etwas abseits von den anderen zehn jeeps, immerhin drang noch kichern und musik herüber.
der fahrer musterte mit kennerblick bestimmte zonen auf dem halb wald-, halb grasbedeckten schroffen berg gegenüber und deutete bald aufgeregt auf einen punkt.
büffel, rief er, büffel!
im fernglas sah ich nichts, ohne fernglas sah ich nichts.
sie strebten auf die kuppe zu, sagte er und erklärte mir die stelle.
in der folgenden stunde blickte ich immer wieder hin zu genau dieser stelle und suchte wieder und wieder diesen berg und alle anderen berge hinter dem schutzzaun ab, ohne ein wildtier zu entdecken, selbst die vögel, in mit kühnen flugmanövern in viererformation, blieben fern genug, um nicht erkenbar zu sein. außer den kichernden und aufgeregten fahrgästen der anderen jeeps war nichts zu sehen und zu hören, abgesehen von dem müll, der entlang unserer beobachtungsroute im hohen gras lag.
ich erzählte dem fahrer von anderen wildtierbeobachtungen und auf welchem weg ich auf diesen berg hinauflaufen würde, hinter dem angeblich die büffel verschwunden waren und noch andere große und kleinere wildtiere die indischen wildtierreservate durchstreiften, aber er nannte es verboten.
so eierten wir schließlich über glattgefahrene steinübersäte safaripisten vom aussichtsberg herunter in ein dorf zu einem wasserfall, wo weitere jeeps zu sehen waren wie auch einige jugendliche, die am staubigen platz fußball spielten und mit denen ich bald im gespräch war, als der fahrer einen tee trank.
auf der rückfahrt besichtigten wir noch eine am sonntag menschenleere teeplantage, und der fahrer zeigte und erklärte mir, wie und wie oft die teesträucher geschnitten würden.

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