Sonntag, 21. August 2011

Kirche mit Mission

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Vater Henry betreut seit vier Jahren die Pfarre Magildangain der Dioezese Asansol in Westbengalen (westlich von Kolkata). Dort leben in Doerfern unter 10.000 Andersglaeubigen 700 Katholiken. Sie kommen jeden Sonntag aus einem Umkreis von ca. 20 km zur Messe.
Vater Henry organisiert taeglich Foerderunterricht fuer 80 Schulkinder, die von 8 – 10 Uhr in der Kirche von Lehrern in Bengali und Englisch, nachmittags auch in Mathematik und anderen Faechern unterrichtet warden. Von 10 bis 16 Uhr sind sie in der oeffentlichen Schule, die aber fuer eine gute Bildung nicht ausreicht.
Vater Henry unterrichtet auch Katecheten sowie die erwachsenen Taufbewerber selbst. Er bildet Frauengruppen, die fuer die sozialen Entwicklungen in ihren Gemeinden und Familien geschult werden.
In seiner Sakristei gibt er auch Sprechstunden fuer medizinische Hilfe und verkauft Arztneien. Woechentlich kommt eine Schwester der Mutter Teresa mit homoeopathischen Heilmitteln sowie ein Arzt. Ausserdem ist die Sakristei auch eine Bank, denn die Dorfbewohner bringen ihr Erspartes, das er fuer sie bei der Dioezesanbank anlegt. Und Familienbesuche macht der Pfarrer auch. In seinem kleinen Garten zwischen dem Wohnhaus und der Kirche (auch Baumeister ist er!) hat er Bingol, Papajas, Mango, Ladys Finger, Pumkin und Green Vegetable angebaut (das ganze Dorf kommt einkaufen!), und von den Fischen in seinem Teich haben wir heute zu Mittag gegessen.
Zur Gabenbereitung bei der Messe haben die meisten Glaeubigen einen Teller Reiskoerner gebracht, oft mit Blumen verziert, oder ein Geldstueck.

Nach der Messe nehmen mich die Leute mit auf einen Rundgang durch das Dorf. Friedlich sehe ich hier Menschen und Tiere zusammenleben

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Die Bhagavadgita

Fuer die, die an Genuss und Herrschaft haengen
und dadurch des Verstandes beraubt sind,
wird ein entschlossener Verstand
(auch) in Versenkung nicht gewaehrt.
Zum Bereich der drei Qualitaeten (gehoeren) die Veden;
von den drei Qualitaeten werde frei, o Arjuna! –
unabhaengig, immer auf Gutes gegruendet,
frei von Erwerb und Besitz, selbstbeherrscht.
Was an Nutzen an einem Brunnen liegt,
in den von allen Seiten sich Wasser ergiesst,
so viel liegt in allen Veden
fuer einen kundigen Brahmanen.
Nur um Taten bemuehe dich,
niemals um deren Ergebnisse;
nie sei der Lohn einer Tat fuer dich Ursache (des Handelns)!
Du sollst (aber auch) nicht am Nicht-Tun haften!
Gottes gedenkend, tu die Taten,
das Anhaften aufgegeben habend, o Dhanamjanya!
Erfolg und Misserfolg nimm gleichmuetig auf:
als Gleichmut wird Yoga bezeichnet.
Im Geist suche Zuflucht!
Armselig sind sie, die im Lohn den Anlass (zur Tat sehen).

Der Mystiker

Gopals haeufige Bewusstlosigkeit, die Atemnot und der Verlust aller Willenskraft, so dass er nur noch mit grosser Muehe ueberhaupt noch einen Finger bewegen konnte, dies alles waren Anzeichen fuer das Aufgehen im Goettlichen. Und wenn er in einem solchen Zustand manchmal vor Kaelte zitterte, so lag das daran, dass die Seele in der Gegenwart Gottes so gluecklich war, dass es schien, als habe sie den Koerper verlassen und vollkommen vergessen, ihm Leben einzuhauchen.

Sudhir Kakar

Ruhe

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Nach dem Laerm von Kolkata ist das hier eine andere Welt. In dem Ausbildungszentrum, in dem ich untergebracht bin, in einem weiten, offenen Landstrich mit kleinen Doerfern, sind wir diese Woche nur zwei Priester. Vater Wilson reist durch die Dioezese, die anderen sind in ihren Pfarren. Man kann hier blossfuessig und in kurzen Hosen herumlaufen (ohne auf eine Kroete oder einen Tausendfuessler zu treten), es ist sonnig und warm. Hinter dem Haus ist ein Fussballplatz, davor, in einiger Entfernung, ein Heim fuer Aidskranke. Vater Wilson hat sich gestern beschwert, dass die Dorfschule die kranken Kinder nicht annimmt, die Eltern im Dorf wollen sie nicht. Nachts krabbelt ein Gecko ueber die Waende und jagt Moskitos, unter meinem Tisch sitzt ein blinkendes Gluehwuermchen, es sind die wunderlichsten Vogellaute zu hoeren, manchmal ein Hundejaulen, und immer wieder ein Zug, denn in einiger Entfernung geht die Hauptstrecke vorbei, mit Verkehr in Minutenabstaenden.
Von hier aus besuche ich nun nach und nach die Schulen und Einrichtungen, in denen wir Patenschaften von Kindern vermitteln, und es sieht so aus, als haette ich dafuer einen eigenen Fahrer.

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Der Unterschied zwischen Warten und Doesen

liegt darin, ob etwas zu erwarten ist. Beispielsweise wartet ein Rikschafahrer auf Kunden, oder ein Verkaeufer am Basar.
Und wieder anders ist die Ruhe, die Gartenarbeiter auf einer Bank finden, und ganz anders diejenige junger Paerchen, die hinter einem bunten Sonnenschirm oder an einen Baumstamm gelehnt, mit versonnenem Blick hin und wieder ein Wort wechseln lassen und einander durchs Haar fahren.
All dies ist Teil eines anderen Vorgangs und laeuft auf etrwas Anderes, Kommendes zu.

Nur das Doesen dieser Menschen hinter den Planen am Gehsteig, wahrscheinlich auch das Kartenspiel der jungen Maenner davor hat sich der Aussichtslosigkeit ergeben und versucht nur mehr, lethargisch die uebrige Zeit zu beseitigen. Und was ist mit dem Spiel des kleinen Maedchens, das seinem kleinen kahlkoepfigen Bruder einen luftleeren Ball ueber den Gehsteig wirft, dem er jauchzend durch Schlamm und Truemmer nachjagt? Hat sie damit Hoffnung gesetzt, fuer sich oder den Bruder?

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Zwischen Warten und Doesen liegen Welten und Religionen.
Und vielleicht lebt unsere Medienwelt, in gedruckter, audiovisueller oder digitaler Form, vom Lavieren zwischen diesen Zeitformen, weil sie in dem sich selbst immer gleichbleibenden Informationsregen doch die Erwartung einer Neuigkeit erzeugen kann und so das Doesen in ein Warten umwandeln kann.

(Am Samstag Vormittag geschrieben in Kolkata, in Erwartung von Wilsons Wagen, im Hof sitzend, nach der Lektuere eines halben Buches.)

Chaos

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Die junge Amerikanerin Laura ist eine Goere. Sie beschwert sich ueber das Wetter und klagt ueber das Chaos Kolkatas. Sie arbeitet fuer eine NGO und muss noch weitere sechs Wochen hierbleiben. Weder in Suedamerika noch in Afrika sei es so schlimm gewesen wie hier. Bevor sie Nudeln mit scharfer Sauce zum Fruehstueck isst, bleibt sie lieber hungrig. Und Schlamm und Elend in den Strassen findet sie entsetzlich, eine Zumutung geradezu.

Ich dagegen bewundere, wie diese kirchlichen Organisationen dagegen ankaempfen. Wie mitten in dieser Verzweiflung trockene und saubere Inseln entstehen und wie mit den vorhandenen Kraeften emsig und findig gearbeitet wird, in aller Gelassenheit. Wie auf diesem schlammigen Gelaende ein Pfahl aufgerichtet wird, sodas diese Frauen und Maenner, Buben und Maedchen alle mit Ziel und erhobenem Kopf durch diesen Hof marschieren und in Seminaren und Tagungen medizinische Grundbegriffe, neue Methoden in der Landwirtschaft oder Wege der Sozialarbeit kennenlernen.
Vielleicht ist das eine christliche Weise:
Im Chaos einen Anfang machen.
Eine Schoepfung.

Steigender Energieverbrauch,
Beschleunigung der Schaltprozesse,
Erweiterung der Komplexitaet.
Gegen Stoerungen von Aufstaendischen Waffen.
Gegen Warnungen vor Umweltzerstoerung weitere technologische Entwicklung.
Alles nur Fortsetzungen, kein Anfang.

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Sari-Traegerinnen

(ohne Worte)


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